Befragung Fachkräfte

Ein Exkurs in die Alltagspraxis: Wie steht es um die Medienerziehung in verschiedenen pädagogischen Handlungsfeldern? Inwiefern werden Kinderrechte bewusst berücksichtigt und Kinder beteiligt?

Um einen Einblick in die Alltagspraxis verschiedener pädagogischer Arbeitsfelder zu bekommen, haben wir im Juni und Juli 2021 sechs leitfadengestützte Interviews mit Fachkräften aus stationärer Jugendhilfe, ambulanter Familienhilfe, offener Jugendarbeit, Hort und Grundschule geführt. Ziel der Interviews war es einen Einblick in die Arbeitsrealitäten dieser ausgewählten Felder bezüglich Medien und Beteiligung zu bekommen, um darauf aufbauend unser Angebot im Sinne der Kinder spezifizieren zu können.

  • Die Fachkräfte-Erhebung als PDF zum Download:

Zusammenfassung:

Die Themen Medien, Medienkompetenz sowie Regelungen im Zusammenhang mit Medien in den Einrichtungen (z.B. Hausordnung) sind bei allen interviewten Personen als Teil des Arbeitsalltags bekannt oder werden als wichtig eingeschätzt. Die große Relevanz des Themenfelds ist allen Gesprächspartner*innen bewusst. Dem gegenüber steht oft die technische Ausstattung in den Institutionen, welche in den meisten Feldern als deutlich ausbaufähig anzusehen ist. Hervorgehoben hat sich eine Einrichtung, welche ein umfassendes Konzept zu Medien erarbeitet hat und auf Basis von Drittmitteln exzellent ausgestattet ist. An dieser Stelle kommt einer der wichtigsten Knackpunkte ins Spiel: Der Grad der Ausstattung, der konzeptionellen Verankerung von Medien und der Integration und Durchführung von Angeboten rund um das Thema Medien ist stark personenabhängig. Ohne die Freigabe von Ressourcen und dem Engagement einzelner Mitarbeitenden erscheint es sehr schwer die Thematik zeitgemäß in Einrichtungen zu verankern.

Was braucht es, um Medienkompetenz und den Zugang zu Medien in Einrichtungen zu fördern?

  • zeitliche und personelle Ressourcen
  • finanzielle Ressourcen und Wahlfreiheit (auch für Softwareanschaffungen/Abos)
  • Offenheit des Teams und der Leitung sowie Haltungsarbeit
  • Weiterbildungen für die Mitarbeitenden
  • Rechtssicherheit
  • Schutzkonzepte für den digitalen Raum
  • konzeptionelle Verankerung und Qualitätssicherung

Hinsichtlich der Frage nach der Beteiligung von Kindern ist zu konstatieren, dass in den Arbeitsbereichen aller Interviewpartner*innen angemessene Verfahren installiert sind. Beteiligung,  wenn es um Medien geht, hat jedoch nur eine der sechs Einrichtungen direkt im Blick. So gibt es in dieser Einrichtung z.B. von älteren Jugendlichen eigenständig verwaltete digitale Räume, in denen die Entscheidungsgewalt bei den Jugendlichen liegt und die Pädagog*innen nur noch als Ansprechpartner*innen fungieren.

Heranwachsende als Expert*innen ihrer Lebenswelt ernst zu nehmen, bedeutet auch ihnen Kompetenzen im digitalen Bereich zuzutrauen. Ihr spezifisches Wissen in den pädagogischen Alltag einzubinden und darauf aufbauend gemeinsame Lern- und Reflexionsanlässe mit und über Medien zu initiieren, bietet hohes Potenzial, um intergenerationelles Lernen zu ermöglichen.

Was braucht es, um "Beteiligung, wenn es um Medien geht" in den Einrichtungen zu leben?

  • Bewusstsein der Mitarbeitenden für die Möglichkeiten der Beteiligung beim Thema Medien
  • Offenheit für die Spezifika von Kindermedienkulturen
  • Definition klarerer Handlungsspielräume im Einklang mit dem Jugendmedienschutz und Arbeitsauftrag der konkreten Einrichtungen
  • Vermittlung von Beteiligungsmethoden für analoge und digitale Kontexte
  • Erkennen des Mehrwertes außerhalb des pädagogischen Auftrages für Fachkräfte
  • Best Practice-Beispiele, um Vielfalt der Möglichkeiten zu erkennen

Welche weiteren Hürden werden thematisiert?

Seitens der Pädagog*innen werden neben mangelhafter Hardware-Ausstattung fast überall Probleme mit dem Zugang zum Internet angesprochen. Zum einen werden aufgrund mangelhafter Internetleitungen oftmals Verbindungen über Hotspots der eigenen (d.h. privaten) Handys hergestellt, zum anderen werden die eingebauten Jugendschutzfilter der Träger/Institutionen als Hürden der eigenen pädagogischen Arbeit beschrieben. Fast alle Mitarbeitenden sind diesen Filtern unterworfen und können (selbst) als erwachsene pädagogische Fachkräfte das Netz nicht vollumfänglich nutzen. Dies begrenzt nicht nur Recherchen, sondern auch methodische Möglichkeiten. Auf welcher Basis diese Filter installiert wurden, ist der Mehrzahl der interviewten Fachkräfte nicht transparent.

 

Was braucht es, um die beschriebenen Hürden des eingeschränkten Zugangs zu überwinden?

  • differenzierte WLAN-Zugänge für Kinder und Pädagog*innen
  • Eigengewalt der Pädagog*innen über die Einstellungen der Jugendschutzfilter, um diese je nach Projektthema und Zielgruppe anpassen zu können
  • stabile Internetverbindungen mit ausreichender Bandbreite
  • schnell erreichbare IT-Fachkräfte auf Träger- und idealerweise Einrichtungsebene

Mediennutzung, Medieninhalte und Medienerziehung sind Querschnittsthemen aller pädagogischen Handlungsfelder, in denen mit Kindern und deren Erziehungsberechtigten gearbeitet wird. In Anlehnung an die UN-Kinderrechtskonvention und dem im März 2021 veröffentlichten General Comment #25 “On Children’s rights in relation to the digital environment” brauchen Kinder notwendigerweise einen Zugang zu den Medien, um an diesen teilhaben und Medienkompetenz als vierte Kulturtechnik ausbilden zu können. 

Die drei Säulen der Kinderrechte – Schutz-, Förder- und Teilhaberechte – bilden die Basis, um Medienerziehung in pädagogischen Kontexten strukturiert denken und bearbeiten zu können. Die Beteiligung von Kindern in Angelegenheiten rund um Medien, befördert alltagsdemokratische Erfahrungen aller, verstärkt die Stimme der Kinder und entlastet Fachkräfte durch neue Ideen, lebensnahe Kontexte und das spezifische Expert*innenwissen der Heranwachsenden, welches zu gern eingebracht und zur Verfügung gestellt wird.

Sie möchten gern mehr zum Thema lesen? Hier finden Sie interessante Links:

 

  • General Comment #25 “On Children’s rights in relation to the digital environment”

Hier klicken, um zur Webseite der UN weitergeleitet zu werden.

  • Strategie “Bildung in der digitalen Welt” der Kultusministerkonferenz (KMK)

Hier klicken, um zur Webseite der Kultusministerkonferenz weitergeleitet zu werden.

 

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